< PreviousW ürden Thomas Kiesling und Florian Götschhofer beim Theater arbeiten, wären sie zugleich Bühnenbildner und -arbeiter, Requisiteure, Fundusverwal- ter und Werkstättenleiter. Denn ihnen untersteht das große Zentraldepot des Samariterbund Wiens. Hier wie dort gilt: Wenn niemand sie bemerkt, niemand an sie denkt, haben sie ihren Job perfekt erledigt. Er beinhaltet neben anderem die komplette Logis- tik für den Samariterbund Wien zu organisieren – von der Lagerung und Wartung über die Bereitstellung bis hin zur Auslieferung und Betreuung vor Ort von Fahrzeugen, Material und Infrastruktur jeglicher Art. Wer die 7.000 Quadratmeter messende Halle betritt, dem fällt wohl als erstes der beeindruckende Fuhrpark auf: vom Elektrofahrrad bis zum 26-Tonner. Motorräder und -roller stehen genau- so zur Verfügung wie Wägen für den WIR sind optimal VORBEREITET Fotos: Samariterbund / C.Lipinsky Notarzteinsatz und Ambulanzdienste. Dazu einige Busse, Quads, Kleinlast- fahrzeuge, ein Foodtruck sowie ein altes Feuerwehrfahrzeug, das für technische Einsätze genutzt wird. Buchstäblich ein Höhepunkt ist ein LKW mit gut 20 Meter hohem Kranarm, der Container ebenso versetzen kann wie reparatur- bedürftige Boote. Insgesamt sind über 30 Fahrzeuge einsatzbereit. Auch zwei LKW als Wechselladefahrzeuge. „Wir haben viel auf Container umgestellt. Sie sind variabel in der Befüllung, leicht austauschbar und haben wenig Fixeinbauten“, erklärt Kiesling, Leiter Logistik und Katastrophenhilfsdienst sowie stellvertretender Landesrettungs- kommandant. „Dank der zahlreichen Befestigungsmöglichkeiten lässt sich so ganz Unterschiedliches transportieren. Ob das eine Palette mit 1.500 kg Nudeln oder zwei große Notstromaggregate sind.“ Und Götschhofer, Kieslings Stell- vertreter, ergänzt: „Die Container sind so modular gestaltbar, dass sie auch in 15 Jahren durch Umbau noch den dann herrschenden Anforderungen anpass- bar sind. Maximal flexibel.“ Mit dem Vorhalten für Einsätze ist es indes nicht getan – die Fahrzeuge muss man auch bewegen und warten, wenn sie gerade nicht gebraucht werden. Auch Ausrüstung für Sanitäts- dienste gelagert Doch nicht nur Hilfsmittel zur Fort- bewegung sind hier untergebracht, sondern etwa auch Material für die Mar- keting-Abteilung bei Öffentlichkeits- Events. Der Tag des Samariterbundes ist dabei ein Fixpunkt, der mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden Die beiden Leiter des Zentrallagers für den Samariterbund Wien zeigen, dass sie in ihrer 7.000 qm großen Halle weit mehr als nur spektakuläre Fahrzeuge untergebracht haben. Neben den modernen LKWs wird auch noch die Erstanschaffung, ein Steyr 32 S 31 6x6, Baujahr 1992 liebevoll gepflegt und einsatzfähig gehalten. 10_REPORTos: Samariterbund / C.Lipinsky ist. Denn dort steht die Logistik nicht nur im Hintergrund, sondern es werden Fahrzeuge und Boote für und vor Publi- kum präsentabel ausgestellt. Ebenfalls in der Halle: eine umfangreich bestückte und stetig wieder aufgefüllte Medikamentenkammer, sie dient der Ausrüstung der Sanitätsdienste. Rund 60 Zelte findet man außerdem hier, Be- atmungsgeräte, Defibrillatoren, Reani- mationsmaschinen, Bekleidung, Betten und vieles andere mehr. Eingeschulte Mitarbeiter halten all das permanent in einem Zustand der sofortigen Einsatz- bereitschaft; ein enormer Aufwand, der viel Zeit und Geld kostet. Beispiel Zelte: „Wenn sie im Dienst waren, werden sie in der Halle wieder aufgestellt, müssen unter Umständen getrocknet werden, jedenfalls gewaschen und imprägniert, bis sie dann irgendwann im Körbele landen“, erläutert Götschhofer. „Das gilt genauso für das Quad, das Boot, den LKW. Das ganze System ist aufwendig und arbeitet nicht nebenbei, was aber niemand mitbekommt, der im Akutfall die einsatzbereiten Sachen kriegt.“ Im Katastrophenfall innerhalb einer Stunde auf der Straße Alltag sind für das Logistik-Team vor allem die Ausrüstung von Sanitäts- diensten, aber auch die Belieferung der Sozialmärkte und anderer Samariter- bund-Einrichtungen mit gespendeten Waren. Im Katastrophenfall geht alles ganz schnell. „Die Einsätze sind grund- sätzlich sehr dynamisch. Aber es ist möglich, dass wir innerhalb einer Stun- de unsere Sachen auf der Straße haben. Da gibt es Standard operating procedu- res (SOP), die uns helfen. Etwa für medi- zinisches Material, Personenrucksäcke, Wasser- und Stromerzeuger“, unter- streicht Kiesling. „Bei Alarmierung geben wir Haupt- und Ehrenamtlichen gleichzeitig Bescheid. Meistens über- nehmen die Freiwilligen die Transporte und herinnen richten jene alles her, die sich im Lager gut auskennen.“ Indes nicht allein auf Vorhandenes greift die Logistik zurück, sondern besorgt je nach Anlass auch Neues. Im Falle einer Flutkatastrophe etwa in Baumärkten Bautrockner und Gummistiefel. Das Team für all diese Aufgaben ist überschaubar: So betreuen nur drei administrative Kräfte das Lager – in- klusive Thomas Kiesling und Florian Götschhofer. Als Lenker und Lager- mitarbeiter sind noch mal acht Leute tätig. Es gibt knapp 30 ehrenamtliche LKW-Fahrer. Man kann einen Rettungs- C-Schein-machen, den Kran- und den Staplerschein. Der gesamte Aufwand rechtfertigt sich aus einer nie exakt vorhersehbaren Gefahrenlage, der man trotzdem guten Gefühls entgegenblicken kann: „Wir sind optimal vorbereitet“, sagt Kiesling. Wir spenden Applaus! Michael Brommer Vom Elektrofahrrad bis zum 26-Tonner, vom Rucksack bis zum Notstromaggregat, von Medikamenten bis zu Zelten: Das Zentraldepot des Samariterbund Wiens hält alles bereit, was in Krisensituationen gebraucht wird. Acht Lenker- und Lagerarbeiter:innen sowie 30 ehrenamtliche LKW-Fahrer:innen sind in Aspern tätig. Florian Götschhofer und Thomas Kiesling 11_REPORTREADY FOR ACTION A ttila Wiederkehr arbeitet eng mit seinem stellvertretenden Kollegen Stefan Grasel zusammen. Dieser ist nicht nur langjähriger Experte im Sanitätsdienst, sondern auch als Hauptinspektionsoffizier in der Einsatzführung tätig. Gemeinsam koordinieren und gewährleisten sie, dass medizinische Hilfseinheiten am Einsatzort sind. Das frühere Landesrettungskommando wurde jüngst umstrukturiert. Was hat sich für euch verändert? Wiederkehr: Wir können uns jetzt auf den Kernbereich „Sanitätsdienste“ fokussieren. Dadurch haben wir mehr Zeit für Gespräche mit Kundinnen und Kunden, wodurch die Anzahl unserer Sanitätsdienste weiter zugenommen hat. Außerdem können wir die Sanitäts-Hilfseinheiten viel einfacher in unsere Sanitätsdienste integrieren. Die Ver- anstalter schätzen es, wenn wir besondere Mobilitätsmittel einsetzen, wie zum Beispiel die E-Fahrräder oder die Quads und Ranger. Bezüglich der Quads werden wir mittlerweile sogar gezielt von den Veranstaltern angesprochen, ob wir diese einsetzen können. Das kommt auch bei der Bevölke- rung gut an. Was gehört genau zu euren Aufgaben? Wiederkehr: Unser Verantwortungsbereich gliedert sich in vier Einheiten: Sanitätsdienste, medizinische Einheiten, Gruppenservice und Sanitäts-Hilfseinheiten. Grasel: Wir bieten zum Beispiel umfassende medizinische Betreuungsdienste für Veranstaltungen aller Größenord- nungen an, beginnend von der Angebotslegung bis zur Ab- rechnung. Dabei fungieren wir als zentrale Anlaufstelle für Auftraggeber, Ärztinnen und Ärzte sowie Sanitäter:innen. Unsere Kolleginnen und Kollegen werden durch die Berufs- rettung Wien unterstützt, und bei größeren Veranstaltun- gen stehen erfahrene Führungskräfte zur Verfügung. Wiederkehr: Basierend auf den gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnissen aus der Pandemie haben wir uns auf die effiziente Abwicklung von Sonderimpfaktionen sowie die Organisation von Impf- und Teststraßen spezialisiert. Was bedeutet Gruppenservice? Wiederkehr: Wir sind das koordinierende Bindeglied zwischen den Bezirksgruppen und den verschiedenen Ab- teilungen des Samariterbundes. Die Unterstützung bei der Lösung von Problemen, organisatorischen Anliegen oder Fragen zu Aus- und Weiterbildung, Materialbeschaffung, Veranstaltungsplanung und anderen Belangen sind dabei die Hauptaufgaben. Attila Wiederkehr ist Leiter der Abteilung Sanitäts- und Medizineinheiten sowie Gruppenservice beim Samariterbund Wien. Er bringt dafür umfassende Erfahrungen aus der Pandemie, zahlreichen Einsätzen sowie Expertise als Mitglied des Rapid Response Teams mit. 12_REPORTFotos: Samariterbund / C.Lipinsky Habt ihr Stammkunden? Grasel: Als Landesverband Wien betreuen wir die Fußball- spiele der Wiener Austria und ÖFB-Nationalspiele. Dazu sämtliche Events in der Marx-Halle, zuletzt auch den Vien- na City Marathon und den Vienna Night Run. Außerdem sind wir bei Kongressen im Austria Center Vienna (ACV) sowie zahlreichen kleineren Veranstaltungen. Insgesamt haben wir allein im Landesverband etwa 1.000 Veranstal- tungen pro Jahr. Gemeinsam mit den Wiener Bezirksgrup- pen kommt der Samariterbund Wien auf mehrere tausend Veranstaltungen jährlich. Wiederkehr: Das Gesundheitsamt, die MA 15, gehört ebenfalls zu unseren Kunden im Bereich der Impfdienste. Hier stellen wir Ärztinnen und Ärzte und diplomiertes Krankenpflegepersonal für Sonderimpfaktionen wie Covid, FSME oder Influenza bereit. Durch unsere Erfahrungen sind wir in der Lage, Impfstraßen für bis zu 5.000 Men- schen pro Tag innerhalb von 24 Stunden aufzubauen. Darüber hinaus unterstützen wir auch betriebsintern bei Impfungen. Wie sieht ein Einsatz bei einem Großschadensereignis konkret aus? Grasel: Als Einsatzleiter des Samariterbunds beim Terror- anschlag 2020 am Schwedenplatz kann ich sagen: Unser oberstes Ziel ist es, möglichst wenig Personal in Tatort- nähe zu bringen. Hierfür haben wir ein klares Zonenmodell entwickelt, das sicherstellt, dass Patienten schnell die benötigte Hilfe erhalten, gleichzeitig aber unsere Mitar- beiter:innen keiner unnötigen Gefahr ausgesetzt sind. Eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei ist in solchen Fällen unumgänglich. Konkret hatten wir damals innerhalb von 30 Minuten erste Hilfseinheiten im Einsatz. Wie schnell kann Hilfe anrollen? Grasel: Pauschale Aussagen sind schwierig. Die angemes- sene Reaktion hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Art des Schadensereignisses, dem Zeitpunkt seines Ein- tritts und den spezifischen Anforderungen an die benötigte Hilfeleistung. Wiederkehr: Sowohl ehrenamtliche als auch hauptberuf- liche Kräfte sind bedeutend dafür, dass die Hilfeleistung so schnell wie möglich erfolgt und eine zügige sowie effizien- te Versorgung gewährleistet wird. Michael Brommer Abteilungsleiter Attila Wiederkehr mit einem von Veranstaltern besonders oft nachgefragten Einsatzfahrzeug: dem Quad. Stefan Grasel organisiert und koordiniert gemeinsam mit Attila Wiederkehr den Einsatz medizinischer Hilfseinheiten, etwa bei Impfstationen oder im Katastrophenfall. 13_REPORT13Fotos: Samariterbund / C.Lipinsky Vergangenes Jahr bekamen die Rettungssanitäter:innen des Samariterbund Wiens in der Petritschgasse eine neu errichtete Leitstelle. Seit November herrscht dort Hochbetrieb. Zu den insgesamt 120 Mitarbeiter:innen, die hier ihr neues berufliches Zuhause gefunden haben, zählt auch Michael Berger, Leiter der neuen Abteilung Einsatzführung und Kommunikation. Wir werfen einen gemeinsamen Blick auf seinen beruflichen Alltag und Ziele. E s ist das Daily Business beim Samariterbund. Und schon die Zahlen sind be- eindruckend: Mehr als 700 Mal pro Tag rücken die Rettungssani- täter:innen des Samariterbund Wiens zu einem Einsatz aus. Allein im Jahr 2023 rückten die 1.800 haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen im Rettungs- und Krankentransport zu 257.748 Einsätzen aus. Aktuell zählt der Fuhrpark des Sama- riterbund Wiens 150 Einsatzfahrzeuge. Durchschnittlich sind rund 80 Fahr- zeuge untertags in der Bundeshaupt- stadt unterwegs. Dahinter verbirgt sich auch ein logistischer und organisatori- scher Aufwand, der für Außenstehende kaum greifbar wird. Ein Aufwand, der in Michael Bergers Verantwortungs- bereich fällt. Neben den personellen Strukturen müssen auch Fahrzeuge, Material usw. verwaltet und gewartet werden. Externe Partner, Dienstpla- nung und natürlich die Leistelle selbst – „die Einsatzführung fängt nicht erst beim Einsatz an“, so Berger. „Wenn in der neuen Leitstelle ein Anruf eingeht, steht am Ende der Kette immer ein Mensch, der sich darauf verlässt, dass ihm schnellstmöglich und profes- sionell geholfen wird“, sagt Berger. Al- lein im Vorjahr war das 292.378 Mal der Fall, also mehr als 800 Mal pro Tag. Der Großteil der Einsätze ist ASB-intern, die operative Anforderung erfolgt aber auch durch die Wiener Berufsrettung. Berger behält derweil in seinem Büro mittels Dispositionsprogrammen den Überblick über sämtliche angeforderte Einsätze, Einsatzzahlen, Transporte, Fahrzeuge im Dienst u.v.m. Krisenmanagement Die Abteilung Einsatzführung und Kommunikation besteht seit Ende letzten Jahres. „Kommunikation – das betrifft eigentlich alles! Bis hin zu den Funkgeräten und der gesicherten Kom- munikation in Krisenfällen“, so Berger. „Und auch im Bereich der Kommunika- tion muss natürlich vorgesorgt wer- den.“ So werden etwa bei Großschäden oder Katastrophen zusätzliche Stellen Vienna Calling 14_REPORTos: Samariterbund / C.Lipinsky innerhalb des Samariterbunds aktiviert. Zum Beispiel der Stab, der bei Katastro- phen, die mehrere Tage (Blackout) oder mehrere Wochen und Monate (Corona) andauern, im Zuge des staatlichen Kri- sen- und Katastrophenmanagements (SKKM) zusammentrifft. Sieben inter- ne Stabstellen arbeiten hier in enger Abstimmung mit externen Institutio- nen, unter anderem mit Magistrats- abteilungen der Stadt Wien zusammen. Auch während der Corona-Pandemie war man im Krisenstab der Stadt Wien vertreten. Auch die HIOs – die Hauptinspektions- offiziere des ASB – werden mobilisiert, wenn Einsätze außerhalb der ‚Norm‘ anfallen. Etwa bei Verkehrsunfällen oder Chemieunfällen. „Sie unterstüt- zen die Kolleg:innen am Einsatzort, wägen ab, ob es mehrerer Einheiten bedarf, ob der Abschleppdienst oder die Feuerwehr angefordert werden müssen“, erklärt Berger. „Wir haben momentan einen Pool von acht HIOs, 24/7 im Einsatz, immer in Bereitschaft.“ Auch die LNA – die leitenden No- tärzt:innen – kommen explizit bei größeren Ereignissen zum Einsatz. Und zwar immer dann, wenn zumindest vier Notärzt:innen anwesend sind. Auch bei großen Sanitätsdiensten, wie etwa beim Donauinselfest. Erkundung via Drohne Zwei der Hilfseinheiten befinden sich derzeit noch im Umbau. „In der Er- kundung setzen wir künftig verstärkt auf den Einsatz von Drohnen. Wir befinden uns damit noch im Aufbau, sind dabei, diese Hilfseinheit neu zu besetzen“, erzählt Berger. „Insgesamt zehn Personen werden dafür geschult. Sie sollen künftig zur Aufklärung bei- tragen: Wenn ein Großschaden passiert, entsenden wir ein Team, das sich vor Ort die Begebenheiten anschaut und sagt: Okay, hier wird die Einsatzstelle positioniert. Wie viel Abstand braucht man? Wo können die Fahrzeuge par- ken?“ Aber auch zur Unterstützung der Suchhundestaffel bei abgängigen Personen sollen die Drohnen künftig zum Einsatz kommen. Ebenfalls in der Pipeline: eine neue, moderne Mobile Leistelle (MLS). Diese kann künftig bei einem Großschaden oder bei einem größeren Ereignis zum Einsatz kommen, versorgt die Mann- schaften vor Ort mit Funkgeräten und ist dann auch die Homebase für die Teams vor Ort. Im Bus befinden sich zwei Arbeitsplätze sowie ein Bespre- chungsraum. „Die MLS wird auch bei größeren Events zum Einsatz kommen, etwa bei ÖFB-Länderspielen im Prater. Sie entlastet somit die Regeldienst-Leit- stelle direkt vor Ort“, so Berger. Auch das geschieht als Unterstützung für die Wien Rettung nach Anforderung. Wir definieren einen Korridor, und arbei- ten darin, wenn man so will, komplett autark.“ Bertram Gross 120 Samariter:innen fanden in der Petritschgasse 24 ihr neues Zuhause. Dazu Einsatzfahrzeuge, Ladeinfrastruktur, Lager, Werkstatt u.v.m. - alles unter einem Dach. Die neue Leitstelle. Rund 300.000 Anrufe pro Jahr erreichen den Samariterbund Wien. Erkundung 2.0. Bei Großschäden und der Suche nach abgängigen Personen kommen Aufklärungsdrohnen zum Einsatz. Hier laufen die Fäden zusammen: Am Schreibtisch von Michael Berger, dem Leiter der neuen Abteilung Einsatzführung und Kommunikation. _REPORTFotos: Samariterbund / C.Lipinsky; Karikatur: R.Foltyn D enn die Erfahrung von Trau- matisierungen im Herkunfts- land, von Gewalt auf der Flucht sowie ein häufig anderer soziokulturel- ler Hintergrund führen dazu, dass Ge- flüchtete ihre psychosozialen Ressour- cen weniger gut nützen können. Der Samariterbund Wien veranstaltete deswegen gemeinsam mit dem Dach- verband Wiener Sozialeinrichtungen eine dreitägige Schulung für Mitar- beiter:innen aller Wiener Rettungs- Die rettungsdienstliche Intervention bei Geflüchteten in Krisen oder psychiatrischen Notfällen kann besondere Kompetenzen erfordern. Bessere Hilfe für Geflüchtete organisationen. Verbindendes Ziel der insgesamt mehr als ein Dutzend Vorträge ist u.a. eine traumasensiblere Kommunikation mit den Geflüchteten. Egmont Weber, PSY-Fachbereichsleiter im Ausbildungszentrum und auf Seiten des Samariterbundes Organisator der Veranstaltung, erklärt den Nutzen dahinter: „Dies kann bedeuten, dass Erkrankungen und krisentypische Verhaltensweisen früher und richtig eingeschätzt werden können. Also professionellere und angemessenere Hilfe erfolgt. Es kann zudem heißen, dass Betreuungserfahrungen als we- niger angstauslösend oder irritierend erlebt werden. Und letztlich ist es auch ein Beitrag zur Integration: Gesunde Menschen können besser lernen, sind schneller arbeitsfähig und haben idea- lerweise ein selbstbestimmteres Leben.“ An der dreitägigen Schulung nahmen Mitarbeiter:innen aller Wiener Rettungsorganisationen teil. 16os: Samariterbund / C.Lipinsky; Karikatur: R.Foltyn I ryna Kuzhel hat der Beratungs- stelle in der Schönbrunner Stra- ße schon oftmals einen Besuch abgestattet. Die Journalistin aus Mariupol ist vor zwei Jahren mit ihrer Mutter und ihrem mittlerweile vierjährigen Sohn Mark aus der Uk- raine geflüchtet. Frau Kuzhel bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und wohnt mit ihrer Familie in einer Wohnung, die ihr die mobile Wohn- betreuung des Samariterbund Wiens vermittelt hat. Mit dem Angebot der Sozialberatung für Schutzsuchende aus der Ukraine hat sie beste Erfahrungen gemacht: „Alle Fragen, die ich zu unserem Leben hier in Österreich habe, hat das Team immer so freundlich und hilfsbereit beantwortet. Meine Mutter benötigt psychosoziale Unterstützung, diesbe- züglich haben wir wertvolle Informa- tionen bekommen.“ Sozialarbeiterin Adriana Lungu kennt die Sorgen und Nöte der Klient:in- nen und ist seit der Gründung der Beratungsstelle mit an Bord. Zwei- sprachig aufgewachsen, kann sie mit den Geflüchteten auf Russisch oder Rumänisch kommunizieren. „Unser Im Mai 2022 wurde die Sozialberatung des Samariterbund Wiens für Schutzsuchende aus der Ukraine ins Leben gerufen. Rund 750 Beratungen pro Monat finden im U4-Center statt, dabei geht es meist um finanzielle Unterstützungen. Aber auch Informationen zu Arbeitsmarkt und Gesundheitsversorgung werden vielfach nachgefragt. Angebot richtet sich an Personen, die in die Grundversorgung aufgenommen wurden und ihren Wohnsitz in Wien haben. Vorrangig beraten wir zu sozial- rechtlichen Ansprüchen und klären die individuellen Perspektiven ab. Außer- dem informieren wir bei Bedarf über die Gesundheitsversorgung, speziell über Einrichtungen für Frauengesund- heit.“ Weiterbildung und Nostrifizierung Eine der größten Herausforderungen für die Geflüchteten ist es, günstigen Wohnraum zu finden, weiß Adriana Lungu. „Wir erklären unseren Klien- tinnen und Klienten, wo sie finanzielle Unterstützung für Mietzahlungen und die Energiekosten bekommen können. Außerdem helfen wir bei der Korres- pondenz mit Behörden, zum Beispiel mit dem AMS. Ein wichtiges Thema ist auch die Nostrifizierung. Viele unserer Klientinnen und Klienten sind sehr gut ausgebildet, kennen sich aber nicht mit dem Prozedere der Anerkennung von Bildungsabschlüssen aus.“ Insgesamt 18 Mitarbeiter:innen sind für die Beratungsstelle tätig, zwölf von Ukraine-Sozialberatung: „Eine Antwort und ein Lächeln“ ihnen als Berater:innen. Acht Team- Mitglieder sprechen ukrainisch und russisch, die deutschsprachigen Kol- leg:innen können ein Dolmetsch-Ser- vice hinzuziehen. Seit der Gründung der Sozialberatung im Mai 2022 finden durchschnittlich knapp 750 Beratungs- gespräche pro Monat statt. Die Deutschkenntnisse von Frau Kuz- hel aus der Ukraine haben mittlerweile B2-Niveau erreicht, freilich möchte sie ihren Sprachschatz weiter ausbauen. „Ich bin beim AMS gemeldet und sehr dankbar für die wertvolle Beratung zum Thema Weiterbildung. Ebenso waren die Informationen zum Kultur- pass sehr wertvoll, meine Mutter, mein Sohn und ich besuchen gerne Konzerte für Kinder.“ Auch das Angebot der Sozialmärkte kennt Frau Kuzhel und schätzt es sehr: „Dort habe ich Infor- mationen erhalten, wo wir günstig Kleidung bekommen. Die Kindersachen, die meinem Sohn zu klein geworden sind, bringe ich gerne wieder zurück. Beim Team der Sozialberatung möch- te ich mich herzlich bedanken, man bekommt immer eine Antwort und ein Lächeln.“ Anja Schmidt Adriana Lungu (r.) mit ihren Kolleg:innen Carina Mudrak und Rainer Dohl 17_SERVICE90 Jahre und kein bisschen leise H oher Besuch hat sich in der Braunhubergasse angekün- digt. Bezirksvorsteher Tho- mas Steinhart besucht die Senioren- Wohngemeinschaft des Samariterbund Wiens. Denn WG-Mitglied Nikolaus Mohr feiert einen hohen und runden Geburtstag. „90 wird man nicht alle Tage. Ich kenne den Herrn Mohr schon seit geraumer Zeit. Und es ist mir ein Anliegen und eine große Freude, ihm heute von Seiten des Bezirks alles Gute zu wünschen“, so Steinhart. Sichtlich gerührt und erfreut bedankt sich der Jubilar für die Blumen und Präsen- te. Seit vier Jahren wohnt der rüstige Wiener nun schon in der Senioren-WG Braunhubergasse und bereichert die Gemeinschaft mit seinem Humor und seiner Lebensfreude. Ein gutes Gefühl für die Angehörigen Auch die Tochter von Herrn Mohr ist an diesem besonderen Tag zu Besuch. Bri- gitta Süss freut sich sehr, dass ihr Vater Nikolaus Mohr feiert dieser Tage einen hohen runden Geburtstag. Er wohnt in einer Senioren-WG des Samariterbund Wiens. diese Wohn-Möglichkeit gefunden hat. „Für mich ist das eine große Beruhigung, denn ich wohne im Burgenland. Und ich weiß, dass er hier bestens versorgt ist und trotzdem alle Freiheiten genießen kann“, erzählt sie. Ihr Vater wollte nie in ein Altersheim, denn dort würde er sich entmündigt fühlen. „Diese Gegend hier kennt der Papa gut — von früher noch. Und mittlerweile kennen ihn hier auch wieder viele.“ Nikolaus Mohr war immer sehr gesellig und das hat er sich beibe- halten. „Es ist nicht immer einfach, den Papa zu treffen“, lacht Süss, „denn sein Termin-Kalender ist meist recht voll.“ Selbstbestimmtheit und Sicherheit „Ich habe dieses Zimmer bei der Be- sichtigung gesehen. Und sofort gesagt: Hier bleib ich!“, erzählt Mohr. Trotz seines Alters ist der ehemalige Schlosser und Schweißer noch immer sehr aktiv. Er geht täglich einkaufen und kocht auch selbst. Zudem trifft er regelmäßig Freunde zum Kartenspielen. Bei aller Aktivität schaut er schon auch auf sich und seine Gesundheit. Denn er hat einen Herzschrittmacher und drei Bypässe. Deshalb schätzt er die Mischung aus Selbstbestimmtheit und Sicherheit in der Samariter-Wohngemeinschaft. Zumal hier auch auch der Spaß und das Feiern nicht zu kurz kommen. Und beides mag Nikolaus Mohr immer noch sehr gern. Zudem ist er alles andere als auf den Mund gefallen und liebt es, zu scherzen. „Wenn ich gewusst hätte, wie viel Rum- mel es macht 90 zu werden, hätte ich mir das davor noch mal überlegt, ob ich so alt werden will.“ Georg Widerin ZIMMER FREI Die WG im elften Bezirk ist eine von insgesamt fünf Senioren- Wohngemeinschaften, die der Samariterbund in Wien betreibt und betreut. Jede WG ist barrierefrei, verfügt über einen großen Gemeinschaftsbereich sowie gemütliche individuelle Wohneinheiten mit eigenem Bad und WC sowie meist eigenem Balkon oder Terrasse. Übrigens: Ein Zimmer in der Braunhubergasse ist derzeit frei. Interessierte können gerne Kontakt aufnehmen unter gsd- info@samariterbund.net oder unter der Nummer: +43 1 89 145 283. Fotos: Samariterbund Bezirksvorsteher Steinhart (li.) und Tochter Brigitta Süss gratulieren dem Jubilar. 18_REPORTPowerLEO gewinnt Integrationspreis Das Programm „PowerLEO“ unterstützt Mädchen und junge Frauen auf dem Weg zu mehr Selbstbewusstsein und Selbst- bestimmtheit. KONTAKT Web: www.samariterwien.at/powerleos E-Mail: lernleo@samariterwien.at Tel.: +43 1 89145 952 N achdem das Mädchen- Förderprogramm „Power- LEO“ vor gut einem Jahr erfolgreich angelaufen ist, herrscht jetzt ganz besondere Freude: Pia Camus, Aenna Frottier, Katharina Köberl und Thordis Weller haben mit ihrem Projekt den Öster- reichischen Integrationspreis in der Kategorie „Stärkung von Frauen“ ge- wonnen. Die Preisverleihung nahm Bundesministerin für Frauen und Integration Susanne Raab namens des Österreichischen Integrationsfonds bei einem Festakt in der Neuen Hof- burg vor. An sich selbst glauben lernen und somit den Lebensweg in die eigenen Hände nehmen können – das ist das Hauptziel des „PowerLEO“: Das Projekt macht auf Lebens- und Berufswege abseits von Stereotypen aufmerksam und fördert Selbstbewusstsein sowie Selbstbestimmtheit der Teilnehmerin- nen jenseits von Geschlechterklischees und patriarchal-gesellschaftlichen Erwartungen. Der Samariterbund Wien bietet das Programm den insgesamt 64 Mädchen an, die die Bildungs- und Sozialeinrichtung LernLEO besuchen. Sie alle sind zwischen sechs und 14 Jahre alt und stammen aus sozio-öko- nomisch benachteiligten Familien. Treffen mit Role Models als Kernelement Dr. Susanne Drapalik, Präsidentin des Samariterbund Wiens, zur Bedeutung der in dieser Art einmaligen Initiative: „Die Mädchen zu fördern und ihnen zu zeigen, dass ein Leben nach Klischee- kriterien nicht sein muss, ist absolut notwendig – gerade in Zeiten, in denen Frauen immer noch um ihren beruf- lichen und gesellschaftlichen Status außerhalb der Familie kämpfen müssen. Deshalb bedanke ich mich auch ganz herzlich bei der Steuerberatungsgesell- schaft Mazars, die die Durchführung dieses rein spendenfinanzierten Pro- jektes finanziell ermöglicht.“ Die Mädchen bekommen im „Power- LEO“ viele Angebote: von der Bildungs- beratung über Firmenbesuche bis zum praktischen Kennenlernen technischer Berufe. Vom Malworkshop über einen Selbstverteidigungskurs bis zu gemein- samen Ausflügen. Kernelement sind Begegnungen mit weiblichen Vorbil- dern, die ihrerseits Vorurteile über- wunden haben – etwa Genderklischees, aber auch sprachliche Barrieren, Her- kunft. In den Räumen des LernLEOs berichten sie aus ihrer Biografie und beantworten Fragen der Mädchen. Zu den Role Models zählen u. a. Justizmi- nisterin Alma Zadić, Moderatorin Eser Akbaba und die Journalistin Melisa Erkurt. Michael Brommer s: SamariterbundFotos: Samariterbund So sehen Gewinner aus: v. l. n. r. Sewan Mossessian-Takvorian (Mazars), Aenna Frottier, Katharina Köberl, Thordis Weller, Birgit Greifeneder, Susanne Drapalik, Pia Camus, Natascha Ettenauer, Daniela Offenbacher (alle Samariterbund Wien) und Elisabeth Hasler (Mazars) „PowerLEO“-Entwicklerinnen Birgit Greifeneder (r.) und Pia Camus (l.) mit Integrationsministerin Susanne Raab 19_REPORTNext >